Diabetisches Fußsyndrom (DFS) beschreibt alle krankhaften Veränderungen am Fuß, die durch einen Diabetes begünstigt oder verursacht werden und bis hin zur Amputation reichen können. Die Wagner-Armstrong-Klassifikation hilft, die Schwere der Fußläsionen systematisch zu beschreiben und daraus Therapie- und Versorgungswege abzuleiten.
- Was ist das diabetische Fußsyndrom?
Beim DFS führen vor allem Nervenschädigungen (Polyneuropathie) und Durchblutungsstörungen (Angiopathie) dazu, dass kleine Verletzungen unbemerkt bleiben, sich infizieren und schlecht heilen. Typische Folgen sind Druckstellen, Ulzera, Infektionen, Fehlstellungen und im Extremfall Gangrän mit Amputationsnotwendigkeit.
Risikofaktoren sind neben der Dauer und Güte der Blutzuckereinstellung unter anderem Rauchen, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und ungeeignetes Schuhwerk. Regelmäßige Fußinspektion, podologische Pflege und gut passende Schutzschuhe sind zentrale Maßnahmen der Prävention.
- Wagner-Grade: Tiefe der Wunde
Die Wagner-Klassifikation teilt den diabetischen Fuß nach der Tiefe der Gewebeschädigung in sechs Grade (0–5) ein. Dabei reicht das Spektrum vom Risikofuß ohne offene Wunde (Grad 0) über oberflächliche Ulzera (Grad 1) und tiefere Ulzera bis zu Sehnen und Kapseln (Grad 2) bis hin zu Knochenbeteiligung, Abszessen oder Gelenksepsis (Grad 3).
Grad 4 beschreibt eine lokal begrenzte Gangrän, zum Beispiel am Vorfuß oder an einzelnen Zehen, während Grad 5 eine ausgedehnte Gangrän des gesamten Fußes kennzeichnet. Mit zunehmendem Wagner-Grad steigen Amputationsrisiko, Morbidität und die Notwendigkeit einer spezialisierten interdisziplinären Behandlung deutlich an.
- Armstrong-Stadien: Infektion und Ischämie
Die Armstrong-Klassifikation ergänzt die Wagner-Einteilung, indem sie das Vorliegen von Infektion und Durchblutungsstörung (Ischämie) in vier Stadien A–D beschreibt. Stadium A steht für Läsionen ohne Infektion und ohne Ischämie, Stadium B für infizierte, Stadium C für ischämische und Stadium D für gleichzeitig infizierte und ischämische Läsionen.
Damit wird deutlich, dass zwei Ulzera mit gleicher Tiefe ein sehr unterschiedliches Risiko haben können, je nachdem, ob eine Infektion und/oder eine relevante periphere arterielle Verschlusskrankheit vorliegen. Infizierte und ischämische Ulzera (Stadium D) gelten als besonders gefährdet und erfordern rasches, spezialisiertes Handeln.
- Kombinierte Wagner-Armstrong-Klassifikation
Die kombinierte Wagner-Armstrong-Klassifikation ordnet jede Läsion einem Wagner-Grad (0–5) und einem Armstrong-Stadium (A–D) zu, zum Beispiel „2B“ für ein Ulkus bis Sehne/Kapsel mit Infektion. Daraus entsteht eine Matrix, die sowohl Wundtiefe als auch Infektion und Ischämie abbildet und damit ein deutlich differenzierteres Bild liefert als eine reine Tiefenklassifikation.
In Leitlinien und Praxisempfehlungen im deutschsprachigen Raum wird dieses System für die Dokumentation des DFS und für Verlegungs- bzw. Überweisungskriterien in spezialisierte Fußzentren empfohlen. Es erlaubt zudem prognostische Einschätzungen, unterstützt Therapieentscheidungen (z.B. Gefäßintervention, Amputationsniveau) und erleichtert die Kommunikation im Behandlungsteam.
- Konsequenzen für Therapie und Prävention
Mit steigendem Wagner-Armstrong-Stadium nimmt die Notwendigkeit einer konsequenten Druckentlastung, moderner Wundtherapie und gegebenenfalls chirurgischer sowie gefäßmedizinischer Maßnahmen zu. Antibiotikatherapie, Débridement, Revaskularisation und ggf. Amputation werden je nach Kombination aus Grad und Stadium geplant.
Parallel bleiben Blutzuckereinstellung, Behandlung von Begleiterkrankungen, patientenorientierte Schulung und lebenslange Fußkontrollen entscheidend, um Rezidive und neue Ulzera zu vermeiden. Für die Praxis eignet sich die Klassifikation zudem zur Strukturierung von Überweisungen in spezialisierte Fußnetze und zur Qualitätssicherung in der Versorgung.